Am Wochenende machten der Mann, der Kleine und ich einen spontanen Ausflug in die Eifel. Das Wetter war schön, die Trasshöhlen waren interessant, der Durst war groß und so kehrten wir in eine Gartenwirtschaft ein. Eines dieser typischen Ausflugslokale mit kleinem Biergarten, wo Rentner, Familien und Biker einträchtig nebeneinander in der Sonne sitzen und Schnitzelvariationen mit Pommes essen. Und manchmal verirrt sich auch ein Paar mittleren Alters in diese Idylle.
Sie saßen am Nebentisch. Beide Anfang 30, gepflegtes Erscheinungsbild. Sie trug sommerliche Shorts und eine schicke Sonnenbrille vorne im Top ihres eindrucksvollen Dekolletés. Er trug ein sportliches Käppi, Ray Ban und gepflegte Langeweile im Gesicht. Sie entwanden ihre Gesichter kurz der Sonne, als unser 5-Jähriger sich zu ihnen an den Tisch setzte, “hallo” rief und fröhlich winkte, bevor er Richtung Springbrunnen weiter hopste.
Der Mann lächelte und sah nachdenklich zu, wie der Kleine mit Stöckchen im Wasser panschte und verzückt einem Schmetterling hinterher lief.
Willst du eigentlich mal Kinder haben?
Ohne seine Begleiterin anzusehen, hatte er diesen Satz gesagt, ganz ruhig und versonnen auf sein Bierglas blickend. Gesicht und Körper der Frau, die eben noch entspannt sonnenbadete, verkrampften zusehends.
“Ähm, also ich glaube, ich kann gar keine Kinder kriegen”, räusperte sie sich, und rutschte verlegen auf dem hölzernen Biergartenstuhl hin und her.
“Wie kommst du denn darauf?”
“Ach, ich habe das Gefühl ich habe da so ein Autoimmun-Ding.”
“Warst du denn mal bei einem Arzt oder woher weißt du das?”
“Ach, irgendwie weiß ich einfach, dass das bei mir nicht klappen wird.”
Verlegen drehte sie ihr Bierglas auf dem Tisch.
“Hm.” Er nahm die Sonnenbrille ab, wandte sich ihr zu und sah sie an: “Aber mal ganz unabhängig davon, ob du nun glaubst, dass es nicht klappt – was wünscht du dir denn? Anfang dreißig hat man als Frau doch bestimmt schon mal darüber nachgedacht, ob man Kinder will oder nicht?”
Sein Blick war entschlossen. Er wollte es jetzt wissen. Hier, an diesem sonnigen Tag, in diesem Ausflugslokal, mit diesem kleinen Jungen vom Nebentisch vor Augen.
“Also ich weiß nicht, vielleicht will ich ja im Beruf noch weiterkommen und reisen und dann muss man sich ja immer mit Kindern beschäftigen und ich weiß nicht, aber man kann sich das ja offen halten und – wollen wir gehen?”
Ihr Unbehagen war fast körperlich zu spüren. Sie schien hin und her gerissen, ob sie eine klare Meinung äußern sollte. Was würde er denken? Was erwartete er für eine Antwort? Jetzt nur nichts Falsches sagen …
“Also bei mir ist das so: Generell möchte ich Kinder. Wenn das klappt, wäre es toll. Wenn es aber nicht klappen sollte, dann würde ich mir mit meiner Partnerin auch so ein schönes Leben machen. Aber lieber hätte ich Kinder.” Er sah sie an.
Sie nestelte nervös die Sonnenbrille aus dem Dekolleté, setzte sie auf, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, verschränkte die Hände im Schoß und schwieg. Und ihr Schweigen war lauter als jedes gesprochene Wort.
Er zahlte schließlich und sie verließen den Biergarten. Sie gingen nebeneinander her und ihre Hände berührten sich nicht. Ob sie weiter in die gleiche Richtung gingen und ob ihre Herzen sich weiter berührten, weiß ich nicht. Ich hoffe, die beiden wissen es.
Schöne Kurzgeschichte, leider liest man daraus, dass, nur weil einer der beiden keine Kinder möchte, deshalb verlassen wird. Ist nicht so. Kinder gehören nicht immer zu einem erfüllten Leben dazu. Ich zum Beispiel liebe es eigenständig zu sein und nicht für ein Kind zu leben. Man vernachlässigt gerne mal sich und noch mehr seinen Partner. Ich bin Mitte Zwanzig und bei mir fehlt immer noch der “Kinderwunsch”. Ich glaube, ich würde mich auch so äußern wie das Mädel in den Shorts. Und wenn man verlassen wird, nur weil man keine Kinder möchte, dann ist es vielleicht auch gut so, denn dann liebt derjenige dich nicht.
Liebe Kate, danke für Deinen Beitrag. Ich stimme Dir zu: Jeder hat das Recht, sich für oder gegen Kinder zu entscheiden. Das ist eine Lebensentscheidung, die jeder für sich persönlich treffen muss. Du hast noch viel Zeit, mach Dir keinen Stress. Wichtig ist, dass du mit deiner Entscheidung glücklich bist 🙂
Hallo,
also ich denke wenn einer gerne Kinder will und der andere nicht, dann kann das nun mal nicht auf Dauer funktionieren ohne dass einer der beiden zu kurz kommt.
Kinder sind nun mal nicht nur ein Teil deines Lebens, sie verändern es.
Es geht also nicht auseinander, weil man den anderen nicht lieben würde, sondern weil man entscheiden muss ob man seine Wünsche für den anderen aufgeben würde. Und wenn der Wunsch so grundlegend ist, wäre man ohne seine Erfüllung immer unglücklich. Und das würde die Beziehung genauso belasten…
Das sehe ich genau so. Dankeschön für Deinen Kommentar.
Hätte ich sein können, die Frau in der Geschichte… Kein echter Kinderwunsch, kein Bock, meine Unabhängigkeit aufzugeben, Lebenspläne, die auf ein Leben ohne Kinder zugeschnitten waren… bis ich mit 41 ziemlich geschockt einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt. Jetzt ist alles anders und die Lebenspläne müssen neu geschrieben werden… aber dafür zähle ich mich – zu meiner eigenen großen Überraschung – zu den glücklichsten Mamas der Welt. So kann es auch gehn 🙂
LG Steffi
Liebe Steffi, ich finde es toll, dass Sie ungeplant zu einer der glücklichsten Moms 40up wurden. Das Leben schreibt doch die schönsten Geschichten. Ihnen und dem Nachwuchs alles Gute!
Eine schöne Geschichte, die ich so ähnlich nur in verkehrten Rollen erlebt habe. Unsere Herzen sind den Weg dann nicht weiter zusammen gegangen, was nach 5 1/2 Jahren Beziehung sehr schmerzhaft ist. Aber weil Familie oder nicht eben ein sehr wichtiges Kriterium in der Lebensplanung ist, sollte man da, finde ich, das gleiche Ziel haben. Ob man letztendlich da hinkommt, ist was anderes – das sehe ich dann so wie der Mann in der Geschichte. Aber die Wünsche sollten sich da schon decken.
Schwierig fand ich damals, dass es dieses “Frauen Anfang 30 sollten sich damit auseinandersetzen” – Männer müssen das nicht unbedingt. Das kann ein Dilemma sein.
Liebe Grüße
Melissa
Liebe Melissa, du hast vollkommen Recht. Wenn man nicht die gleichen Vorstellungen in Puncto Lebensplanung hat, dann hat so eine Beziehung nicht viel Zukunft. Die Männer haben es mit dem Timing (leider) etwas leichter, die können noch bis ins hohe Alter Kinder zeugen – sie sind dann nur zu schwach, um sie hochzuheben und herumzutragen. 😉 Ich hoffe, du hast trotz deiner schmerzhaften Erfahrung dein persönliches Glück gefunden. Liebste Grüße, Valérie