Corona-Quickie vom 28. April 2020
Olfaktorische Verwirrung
Neue Situationen erfordern zuweilen neue Rubriken. Solche, wo man einfach mal kurz und bündig die mehr oder weniger wichtigen Dinge von sich gibt, die einen so betreffen. Beobachtungen über skurrile Menschen, Dinge und neue Verhaltensweisen. Oder übers Essen. Essen geht immer.
Beginnen wir erst einmal mit neuen Verhaltensweisen. Jetzt denken Sie natürlich, ich komme Ihnen hier mit Gerede über Masken. Aber weit gefehlt. Ich komme Ihnen hier mit Nagellackentferner. Jawoll!
Gestern, als der Tag noch Sonne hergab, saß ich in meiner Mittagspause auf der Terrasse und wollte gerade Hemd und Hose von mir werfen, um mich fünf Minuten ergiebigst zu bräunen, als mir ein seltsam scharfer Geruch in die Nase zog. Er kam mir bekannt vor, aber er war nicht angenehm. Der Geruch zog vom Garten links herüber in unseren Garten. Ich schnüffelte erneut und dann kam mir die Erleuchtung: Die Nachbarin saß auch auf der Terrasse – ob sie ebenfalls Hemd und Hose von sich geworfen hatte entzog sich meiner Kenntnis – und entlackte sich scheinbar ausgiebig die Fingernägel oder Fußnägel oder beides.
Die Welle
Einem ersten Impuls folgend stieg Ärger in mir auf. Da sitzt man bei schönstem Sonnenschein auf der Terrasse, um der Seuche draußen zu entfliehen, und dann muss man so eine Geruchsbelästigung über sich ergehen lassen. Unverschämt! Dabei fiel mein Blick auf den abblätternden Nagellack meiner linken Hand. Die rechte sah auch nicht viel besser aus. Erste Anzeichen von Corona-Verlotterung. Ich dachte kurz nach. Dann holte ich meinen Nagellackentferner aus dem Bad, setzte mich wieder auf die Terrasse und entlackte meine Nägel. Gar keine so dumme Idee. So riecht die Wohnung wenigstens nicht nach Chemie.
Und wie man so links von mir im Nachbargarten entlackte, und während ich so entlackte, hörte ich aus dem Garten rechts neben mir Stühlerücken auf der Terrasse. Kurz danach intensivierte sich der Geruch nach Nagellackentferner erneut. Scheinbar hatten wir die rechte Nachbarin inspiriert, die nun ebenfalls alles entlackte.
Wir wohnen in einer Reihenhaussiedlung, da folgen also nach der rechten Nachbarin noch etliche Nachbargärten mit Nachbarinnen, die man ebenfalls olfaktorisch inspirieren könnte. Ich sehe, nein, rieche bereits im Geiste, wie sich eine Nagellackentfernerwolke über die ganze Stadt legt, den Nachbarort erreicht und sich so nach und nach das ganze Rheinland die Nägel entlackt.
Das funktioniert sicher auch mit Grillgeruch, Brotbackgeruch, sinnlichem Massageölduft und so weiter. Ich überlege noch, wie ich daraus ein Geschäftsmodell entwickeln könnte. Stay tuned.
Habt ihr euch auch schon neue (seltsame) Verhaltensweisen zugelegt? Erzählt doch mal!
Stay strong. Stay healthy. Care for yourself!
Photo by Viktor Hanacek, Picjumbo
Liebe Valérie,
ich musste sehr schmunzeln, denn hier ist es nicht mit Nagellack so, sondern sobald einer den Rasenmäher anwirft. Dann bricht hier eine Rasenmäholympiade los.
Hab einen schönen Tag, mit olfaktorischen Genüssen
Nicole
Oh ja, die Rasenmäherwelle gibts hier auch. ?
hahahahaaaa! Sehr lustig!
Danke für diese kleine lustige Geschichte!
Bitte bitte, liebe Susi. Immer wieder gerne! 😉
Ein lustiges Bild! Hier im Haus passiert Ähnliches, wenn die Parterre-Bewohnerin Sauerbraten macht – dieser köstliche Duft! Da mache ich nahezu reflexhaft am nächsten Tag Sauerbraten…